Unsere erste Etappe der Niederrhein-Tour führte uns zum Kloster Kamp in Kamp-Lintfort. Gegründet 1123, ist es das älteste Zisterzienserkloster im deutschsprachigen Raum. Zwölf Mönche siedelten damals vom französischen Kloster Morimond an den Niederrhein. Von hier aus gingen mehrere Neugründungen der Zisterzienser aus. Über die Jahrhunderte wurde das Kloster mehrfach durch Kriege, Brände und Unwetter stark beschädigt und musste immer wieder renoviert und erweitert werden.
Der Terrassengarten — Vorbild für Sanssouci?
Durch die Landesgartenschau 2020 erlangte der Terrassengarten des Klosters größere Bekanntheit. Bereits um 1700 entstand die erste Gartenanlage mit Terrassierungen, die um 1740 in einen prachtvollen Barockgarten umgewandelt wurde. Nach der Säkularisierung 1802 verfiel der Garten, bis die Stadt Kamp-Lintfort 1986 mit der Rekonstruktion begann.
Die Pergolen oberhalb des Gartens zeigen den Verlauf der ehemaligen Klostergebäude an. Ursprünglich bestanden die fünf Terrassen aus Taxusbepflanzungen und Obstbäumen. Am Fuß der Terrassen befinden sich zwei moderne Orangerien. Während die östliche für historische Informationen genutzt wird, finden im westlichen Teil Sommerausstellungen statt.
Interessant sind die Parallelen zur Gartenanlage im Schloß Sanssouci in Potsdam. Die Anlage in Potsdam ist 1744, also nach der Anlage im Kloster Kamp entstanden. Friedrich II, der Erbauer des Gartens von Sanssouci, bereiste 1740 den Niederrhein und fuhr von Moers nach Schloss Moyland. Es gibt Spekulationen, wonach er bei dieser Reise auch das Kloster Kamp besucht und Anregungen für die Gestaltung des Gartens in Potsdam bekommen haben soll. Eindeutig belegt ist dies aber nicht.
Die Abteikirche im Kloster Kamp
Der Zisterzienserorden spaltete sich einst vom Benediktinerorden ab. Die Mönche des neu gegründeten Orden wandten sich gegen die Prachtentfaltung und den Reichtum der Benediktiner. Sie wollten zu einem einfachen und arbeitsreichen Leben zurückkehren. Dies zeigt sich auch in der klaren Gestaltung der Abteikirche, deren Bau 1150 begann und sich bis ins 17. Jahrhundert erstreckte.
Die kunstvoll geschnitzte Orgel stammt aus dem 18., der neugotische Altar aus dem 19. Jahrhundert. Aus dem 18. Jahrhundert stammt auch die Kamper Madonna.
Heute findet hier kein traditionelles Klosterleben mehr statt. DIe Räumen werden seit 2003 durch das “Geistliche und Kulturelle Zentrum Kloster Kamp” genutzt, das dort Kurse, Führungen und Einkehrtage anbietet.
Der wilde Kräutergarten
Der Kräutergarten wirkt teilweise verwildert, ist aber von der Struktur her mit gemütlichen Sitzecken und einem Quellstein schön angelegt.
Ehrenamtliche pflegen diesen Garten. An einem Stand kann man Stauden erwerben. Natürlich sind einige Pflanzen von dort aus in unseren Garten umgezogen.
Die Basilika St. Marien in Kevelaer
Kevelaer ist einer der bedeutendsten Marienwallfahrtsorte in Deutschland. Die Basilika und die Gnadenkapelle bilden das Zentrum des Wallfahrtgeschehens. Die Basilika ist prunkvoll mit leuchtenden Farben, Ornamenten und Vergoldungen ausgestattet. Der Kontrast zur schlichten Abteikirche im Kloster Kamp könnte größer nicht sein. Die neogotische Kirche wurde 1858 bis 1864 gebaut, die Farbgestaltung 1991 in Anlehnung an die Saint Chapelle in Paris erneuert.
Seit 1923 trägt die Basilika den Titel einer päpstlichen „Basilica minor“. Neben der Bedeutung als Wallfahrtskirche ist sie die Pfarrkirche der Pfarrei St. Marien.
Die Gnadenkapelle
Prächtig ausgestaltet ist auch die Gnadenkapelle. Hier wird das Gnadenbild ausgestellt, ein bescheidener, kleiner Kupferstich aus dem Jahr 1640. Das Bild zeigt die Mutter Gottes mit einem weit ausladendem Mantel und das Jesuskind mit den Insignien Zepter, Krone und Weltkugel vor der Silhouette Luxemburgs. Im Laufe der Jahrhunderte ist das Bild stark verblasst.
Das Gnadenbild kann durch einem kleinen Rundgang in der Kapelle und durch ein Fenster vom Kirchplatz aus betrachtet werden.
Auf der Spur der Römer — der Archäologische Park in Xanten
In eine ganz andere Epoche, nämlich in die Zeit der Römer, führte uns dann der Archäologische Park in Xanten. Auf dem Gelände der römischen Stadt “Colonia Ulpia Trajana” sind anhand der dort durchgeführten Ausgrabungen Teile der Stadt originalgetreu rekonstruiert worden. Bis ins 19. Jahrhundert dienten die römischen Bauten als Steinbruch. Teile der davon sind auch im Xantener Dom verbaut. Die Rekonstruktionen geben einen faszinierenden Einblick in die fortschrittliche Architektur und Technik der Römerzeit. Ein Teil der Stadtmauer mit ihren Wachtürmen wurden erstellt, andere Teile der Mauer durch Sträucher angedeutet.
Das Amphitheater wurde mit seinen Grundmauern und Pfeilern rekonstruiert. Dadurch wird die Größe von 99 Meter Länge und zehn Metern Höhe erfahrbar. Ein Viertel der Zuschauerränge sind komplett nachgebaut worden. Etwa 10.000 Menschen fanden in der Arena Platz. Dies entspricht in etwa der damaligen Einwohnerzahl der römischen Stadt. Heute wird die Arena wieder für Open-Air-Veranstaltungen, Pop-Konzerte und Aufführungen klassischer Musik genutzt.
Ein weiteres Highlight des archäologischen Parks ist die teilweise Rekonstruktion des Hafentempels. Dieser lag zur römischen Zeit in direkter Nähe eines Rheinarms. Deshalb erforderte der Bau eine stabile Absicherung. Durch meterhohe Fundamente aus Bruchsteinen und Mörtel, die unter dem Tempel besichtigt werden können, wurde dies erreicht. Allein der Transport des Materials stellte damals eine enorme Leistung dar.
Der Alltag in der Römerstadt
Der Nachbau einer Herberge zeigt Schlaf- und Essräume, in denen die Mahlzeiten im Liegen eingenommen wurden. Amphoren, die in den Boden der Kellergewölbe eingegraben waren, dienten als Vorratsgefäße zu Kühlung von Nahrungsmitteln und Getränken.
Im frei stehenden Backhaus kann man einen Backofen und Getreidemühlen besichtigen. Im römischen Restaurant werden Speisen nach originalen Rezepten angeboten. Wer dort auf den Geschmack gekommen ist, kann im Museumsshop das passende Kochbuch erwerben: “Das Apicius Kochbuch aus der römischen Kaiserzeit — Speisen wie im Alten Rom”. Dort kann man Rezepte wie “Tarpejanischer Lamm-Braten”, “Erbsenmus nach Commodus Antonius” oder “Püree nach tarentinischer Art” nachlesen und nachkochen.
Der Niederrhein — zu jeder Zeit eine Reise wert
In der Region gibt es zahlreiche weitere Sehenswürdigkeiten. Schlösser, Wander- und Radwege sowie die Nähe zur niederländischen Grenze laden zu weiteren Erkundungen ein. Hier gibt es also noch viel zu entdecken und zu genießen. Es war bestimmt nicht unsere letzte Reise an den Niederrhein.
weitere Informationen:
Geistliches und Kulturelles Zentrum Kloster Kamp
Wallfahrtort Kevelaer
Archäologischer Park Xanten