Die Stadt Gütersloh – auf Platt ”Gütsel” – feiert in diesem Jahr ein Jubiläum: 200 Jahre Stadtrecht. Gefeiert wird mit einem vielfältigen Programm mit 200 Veranstaltungen in den Bereichen Kultur, Geschichte, Sport und Unterhaltung. Eine ganz besondere Aktion zeigt sich an verschiedenen Gebäuden im Stadtbild mit großformatige Paste Ups zur Stadtgeschichte.
Was sind Paste Ups?
Der Begriff stammt aus der Street-Art-Kultur. Großformatige Bilder oder Poster werden auf Papier gedruckt und mit Leim oder Kleister im öffentlichen Raum angebracht. Sie sind daher nur temporär sichtbar und lassen sich rückstandslos entfernen. Das Künstlerduo Maria Vill und David Mannstein hat diese vergängliche Freiluftausstellung nach intensiven Recherchen zur Stadtgeschichte gestaltet und realisiert. Im Rahmen einer Führung haben wir viel Wissenswertes über das Projekt und die Geschichte der Stadt Gütersloh erfahren.
Blick zurück in die Geschichte
An der Seitenwand des Stadtmuseums prangt das eindrucksvolle Portrait von König Wilhelm IV. von Preußen. Es erinnert an seinen Besuch im Jahr 1852, als das Evangelisch Stiftische Gymnasium feierlich eingeweiht wurde – eine Schule, die nach zweijähriger Sanierung und Erweiterung nun wiedereröffnet ist.
Ein Pferd in Lebensgröße ist an der Fassade der Deutschen Bank zu sehen. Folgt man dem Zügel, entdeckt man historistische Ringe, an denen früher Pferde angebunden wurden – ein Detail, das wohl nur wenigen Gütersloherinnen und Güterslohern bekannt war.
Musik, Musik, Musik
Einige Paste Ups weisen auf die Pflege der Musik in Gütersloh hin. Am Haus der Kirchenmusik singt ein Junge gemeinsam mit einer Nachtigall. Der Bachchor Gütersloh, die Choralsingschule und der Knabenchor unter der Leitung von Sigmund Bothmann haben hier ihre Heimat.
Die Giebelseite der Kreismusikschule zeigt Portraits Musikschüler und ihre getrennt dargestellten Instrumente – eine Einladung zum Miträtseln, welches Instrument zu wem gehört. Gegenüber ist ein Geiger in sein Spiel vertieft. Das Portrait basiert auf einem Gemälde aus dem Besitz der Musikschule.
Alltagsszenen im Laufe der Jahrhunderte
An der Giebelseite des Stadtmuseums finden sich vielfältige Motive:
Ein Schuljunge an seinem ersten Schultag 1918, der Gemüsehändler Rehage mit seinem Karren, ein Webstuhl als Symbol der einst bedeutenden Textilindustrie sowie eine Turnerin, die auf das rege sportliche Leben in der Stadt verweist.
Auch die beiden Global Player aus Gütersloh dürfen nicht fehlen: Miele wird mit einem Motiv präsentiert, das an eine Staubsaugerwerbung aus den 1950er-Jahren erinnert, während Bertelsmann durch ein Bild der bekannten Bertelsmann Lexikothek vertreten ist.
Paste Ups meet Graffiti – an der Weberei
Besonders bunt wird es an der Weberei. Das Kulturzentrum befindet sich in den ehemaligen Räumen der Firma Greve & Güth, die dort bis 1975 Textilien herstellte. Heute beherbergt das Gebäude unter anderem ein Jugendzentrum, eine Kneipe mit Biergarten, ein Kino mit zwei Sälen und Diskoräume. Zahlreiche Graffiti-Kunstwerke konkurrieren hier mit den Paste Ups um die Aufmerksamkeit der Passantinnen und Passanten.
Vor der Bahnunterführung am Bachschemm rasen Jungen auf Rollschuhen in die Unterführung, während auf der gegenüberliegenden Seite die Mädchen bereits angekommen sind. In den 1950er-Jahren waren Rollschuhe ein beliebtes Freizeitgerät – die Motive stammen von einem Rollschuh-Rennen aus dem Jahr 1955.
Das größte und zugleich eindrucksvollste Porträt befindet sich an der Volksbank und zeigt Sabine Gramlich (1913–2004). Sie engagierte sich in der Friedensbewegung und organisierte zwischen den 1960er- und 1990er-Jahren zahlreiche Veranstaltungen. Zudem war sie im Gütersloher Flüchtlingsrat und bei Amnesty International aktiv.
Ende Oktober werden die Paste Ups aus dem Stadtbild verschwinden – doch viele Impulse, Erinnerungen und geschichtliche Eindrücke bleiben. Eine rundum gelungene Aktion zum 200-jährigen Jubiläum der Stadt Gütersloh.
weitere Informationen
Paste Up History! 200 Jahre Gütersloh Mannstein + Vill 2025






















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