Mit Hermann Hesse verbindet man große Werke wie ”Siddhartha”, ”Der Steppenwolf” und ”Das Glasperlenspiel”. Abseits seiner schriftstellerischen Tätigkeit war Hesse ein leidenschaftlicher Gärtner. Die Textsammlung ”Freude am Garten” zeigt eine weniger bekannte Seite des Literaturnobelpreisträgers: die Liebe zu seinem Garten als Rückzugsort und Quelle schöpferischer Kraft.
Hermann Hesses Rückzugsorte im Grünen
Nach der Hochzeit mit Maria Bernoulli 1904 zogen sie in das abgelegene Örtchen Gaienhofen am Bodensee und wohnten zunächst in einem einfachen Bauernhaus zur Miete. 1907 ließ sich die Familie vom Basler Architekten Hans Hindermann ein eigenes Haus bauen. Den Garten legte Hesse nach seinen Vorstellungen an und pflegte ihn eigenhändig. Die Ehe währte von 1904 bis 1923, die Trennung erfolgte schon früher. 1912 verkauften die Hesses das Haus.
Nach seinem Umzug ins Tessin nach Montagnola (Schweiz) im Jahr 1919 widmete Hesse viel Zeit dem Gärtnern. Die Häuser, in denen er dort lebte, ”Casa Rossa” und später ”Casa Camuzzi” waren von Gärten umgeben, die ihm als Orte des Rückzugs und der Inspiration dienten. Er kultivierte verschiedene Pflanzen, Wein, Gemüse und Blumen, die im milden Klima des Tessins gut gediehen.
Der Garten als Quelle der Inspiration
In ”Freude am Garten” entdeckt man Hesse als einen Mann, der im Garten eine Quelle des inneren Friedens, der Kreativität und der Meditation findet. Er offenbart dort seine Gedanken über Pflanzen, Jahreszeiten und die Kreisläufe der Natur mit großer Achtsamkeit.
»Ich teile meinen Tag zwischen Studio und Gartenarbeit, letztere gilt der Meditation und der geistigen Verdauung und wird darum einsam betrieben.«
In den Texten finden sich liebevolle und detaillierte Beschreibungen der verschiedenen Pflanzen, die Hesse in seinem Garten heranzog und pflegte. Die Reflexionen zur Arbeit im Garten fanden Eingang in viele seiner Werke. So spielen Gärten in seinen Romanen und Erzählungen eine wichtige Rolle. Hier greift er die Verbundenheit des Menschen zur Natur in ihren unterschiedlichen Dimensionen auf.
Gärtnern als spirituelle Praxis
Hermann Hesse, der aus einem streng gläubigen, calvinistischen Elternhaus stammt, beschäftigte sich zeitlebens mit religiösen und spirituellen Fragen. Intensiv setzte er sich mit östlichen Weisheitslehren, dem Buddhismus und der Philosophie und den Religionen des alten Chinas auseinander. Eine Asienreise mit Freunden musste er allerdings nach kurzer Zeit aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig beenden. Den großen Themen nach Werden und Vergehen spürte er aber auch in seiner Gartenarbeit nach.
”Und der ganze, einfache und sichere Kreislauf, der dem Menschen soviel und schwer zu denken gibt und an dem alle Religionen ahnungsvoll verehrend deuten, geht in jedem kleinen Gärtchen so still und rasch und deutlich vor sich.
Kein Sommer, der sich nicht vom Tode des vorigen nährt. Und kein Gewächs, das ebenso still und sicher zu Erde wird, wie es aus der Erde zur Pflanze ward.”
Der Garten von Gaienhofen heute

Bis heute erhalten geblieben sind Haus und Garten der Familie Hesse in Gaienhofen. Nachdem das Grundstück Anfang des 21. Jahrhunderts weitgehend verkommen war, gab es Pläne zum Verkauf und anderweitiger Nutzung.
Die Eheleute Eberwein erwarben 2003 das Grundstück und den Garten mit dem Ziel der Bewahrung und Wiederherstellung. In den kommenden Jahren wurde der Garten mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz rekultiviert und das Haus in Stand gesetzt.
Diesen Prozess hat Eva Eberwein, deren Großeltern in Gaienhofen gelebt haben und die als Kind fast jeden Sommer dort verbracht hat, in einem weiteren lesenswerten Buch beschrieben. Gartenführungen nach Anmeldung werden regelmäßig durchgeführt.
Fazit: Mehr als ein Gartenbuch
”Freude am Garten” ist kein Gartenbuch im eigentlichen Sinne, obwohl Hesse an vielen Stellen sehr konkret Beobachtungen und Erkenntnisse teilt. Es ist eine Buch über die Verbindung des Menschen zur Natur und über die Möglichkeit, in kleinen Dingen große und bedeutsame Zusammenhänge zu erfahren.
weitere Informationen
Hermann Hesse: Freude am Garten. Insel Verlag
Eva Eberwein, Der Garten von Hermann Hesse. DVA
Christoph Gellner: Hermann Hesse und die Spiritualität des Ostens. Patmos Verlag
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Titelbild: Im Museo Hermann Hesse, Montagnola, Schweiz. Quelle: Monster4711, Wikimedia Commons
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