Seit Jahrzehnten pflegen wir einen besonderen Osterbrauch. Zur Osterzeit dekorieren wir eine Schale mit unseren Ostereiern aus Mardorf. In unserer Studíenzeit in Marburg sind wir auf diese ausgefallenen Eier aufmerksam geworden. Die in Batik-Technik hergestellten Eier sind mit komplizierten Mustern und Sinnsprüchen verziert. Dieses Brauchtum geht auf eine über 200 Jahre alte Tradition zurück. Gepflegt wird das ”Ostereier-Schreiben” vor allem in den Dörfern Mardorf und Erfurtshausen.
Inzwischen gehören die Dörfer zur Gemeinde Amöneburg, die wenige Kilometer östlich von Marburg auf einem Basaltkegel inmitten des Amöneburger Beckens liegt. Traditionsgemäß wird am Palmsonntagswochenende der Erfurtshäuser Ostereiermarkt veranstaltet, wo man bei der Fertigung der kleinen Kunstwerke zusehen kann. Auguste Mann (1908 – 1991) galt als die beste Ostereier-Schreiberin und wir sind stolz, einige ihrer Werke zu besitzen. Das älteste, mit A.M. signierte Ei zeigt die Jahreszahl 1980. Sie hat über Jahrzehnte hinweg Muster und Spruchweisheiten gesammelt und an ihre Schülerinnen weitergegeben.


Eine Technik, die viel Erfahrung braucht
Das Verzieren der Eier braucht viel Erfahrung. Sie werden mit der sogenannten Wachsreservage-Technik gestaltet. Dabei werden Muster und Sprüche mit einer Stahlfeder und flüssigem Wachs auf das rohe Ei aufgetragen. Die Oberfläche gekochter Eier würde die aufgetragene Farbe nicht binden.
Auch das eigentliche Färben ist ein spannender Prozess. Das fertig verzierte Ei wird für kurze Zeit in die heiße Farblösung getaucht – lange genug um das EI zu färben, aber kurz genug, damit das Wachs nicht verfließt. Anschließend kann das Wachs vom erwärmten Ei abgewischt werden. Auch eine erfahrene Schreiberin braucht für die Fertigstellung eines Eies bis zu einer Stunde.
Der Inhalt des Eies trocknet im Laufe der Zeit aus, schrumpft und wird zu einer festen Kugel. Einige unserer Eier klappern deshalb, wenn man sie (vorsichtig!) schüttelt. Bei anderen Eiern hat sich die Kugel offensichtlich an der Eierschale angeheftet. Dadurch ist der Schwerpunkt des Eies von der Mitte zum Rand hin verschoben und sie verhalten sich dadurch wie Stehaufmännchen.

Traditionelle Muster und Spruchweisheiten
Die verwendeten Muster finden sich nicht nur auf den Eiern, sondern auch auf der traditionellen Tracht, auf Altartüchern und auf alten Fachwerkshäusern in Form von Kratzputz. Viele christliche Symbole wie Brot und Wein, Ähren und Trauben, Herzmotive aber auch Frühjahrsmotive wie das Sonnenrad, Lebensbäume und Blüten schmücken die Ostereier.


Die traditionellen Spruchweisheiten hat Auguste Mann in ihrem Spruchheft zusammengetragen und in dem unten genannten Buch veröffentlichen lassen. Sie werden in Süterlinschrift aufgetragen.

Lasse nie den Mut dir rauben!
Bleib auch im Unglück stolz und fest.
Werden doch die schönsten Trauben
stets am härtesten gepresst!

Bleib deiner Eltern Freude,
beglücke sie mit Fleiß,
dann erntest du im Leben
den allerschönsten Preis.

Dein Kreuzlein Sorge trage
an jedem Tage gern,
wirds dir zuviel, dann sage
getrost es Gott dem Herrn.
Da die Eier nicht zum Verzehr bestimmt waren, dienten sie zur Dekoration und als Geschenke. Überliefert ist, dass in früheren Zeiten Mädchen ihrem angebeteten Burschen in der Osterzeit solche Eier zum Geschenk machten. Wer dabei leer ausging und keine Eier geschenkt bekam, war arm dran.

Ich schenke dir ein Osterei
aus lauter Lieb und lauter Treu,
und geht das Ei entzwei
ist die Liebe vorbei.

weitere Informationen
Rund um die oberhessischen Wachsbatikeier – Erfurtshäuser Ostereiermarkt
Irmgard Bott, Ostereier-Malerei aus Mardorf und Erfurtshausen. Langewiesche-Königstein
(antiquarisch erhältlich)
Bildnachweis Blick auf die Amöneburg:
Meinkirchhain – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=79370889
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