Wohnen zu Krupps Zeiten: Villa Hügel und Margarethenhöhe

Die Geschichte der Fami­lie Krupp ist eng mit dem Ruhr­ge­biet und der Ent­wick­lung der deut­schen Indus­trie ver­bun­den. Wäh­rend die Villa Hügel bis heute ein Sym­bol für Macht und Reich­tum der Unter­neh­mer­dy­nas­tie ist, zeigt die Mar­ga­re­then­höhe, wie sich das Unter­neh­men auch für die soziale Wohn­kul­tur enga­gierte.

Im Rah­men einer Fahrt mit der Volks­hoch­schule Verl hat­ten wir die Gele­gen­heit, beide Orte näher ken­nen­zu­ler­nen – eine span­nende Zeit­reise zwi­schen Indus­trie­ge­schichte, Fami­li­en­le­ben und Stadt­pla­nung.

Margarethenhöhe – die erste Gartenstadt in Deutschland

Mar­ga­re­the Krupp, geb. Freiin von Ende und Witwe von Fried­rich Alfred Krupp errich­tete 1906 anläss­lich der Hoch­zeit ihrer Toch­ter Ber­tha die ”Stif­tung für all­ge­meine Wohn­für­sorge”. Ziel war die Errich­tung der Mar­ga­re­then­höhe, die mit einem Kapi­tal von 1 Mil­lion Mark und 50 Hektar Bau­grund finan­ziert wurde.

Der junge Archi­tekt Prof. Dr. Georg Met­zen­dorf ließ sich von der eng­li­schen Idee der Gar­ten­stadt inspi­rie­ren. Mit nur 33 Jah­ren erhielt er den Auf­trag zur Pla­nung und Umset­zung. Befreit von damals gel­ten­den Bau­vor­schrif­ten konnte er neue Wege des Städ­te­baus beschrei­ten. So ent­stand ein Stadt­teil mit indi­vi­du­ell gestal­te­ten Häu­sern, Plät­zen und Gär­ten – erschwing­li­cher Wohn­raum für ver­schie­dene Bevöl­ke­rungs­grup­pen, der bis heute wegen sei­ner hohen Lebens­qua­li­tät geschätzt wird.

Im Rah­men einer Füh­rung besich­tig­ten wir eine Mus­ter­woh­nung in der Sten­sstraße 25. Sie liegt im Erd­ge­schoss eines Zwei­fa­mi­li­en­hau­ses aus dem Jahre 1911. DIe Gestal­tung mit Tren­nung von Küche, Bad und Toi­lette und zen­tral ange­leg­ter Lüf­tung und Hei­zung war für dama­lige Ver­hält­nisse sehr modern.

Das Zen­trum der Mar­ga­re­then­höhe bil­det der Markt­platz, geprägt durch das Gast­haus „Zur Mar­ga­re­then­höhe“. Gegen­über liegt das ehe­ma­lige Kon­sum­ge­bäude, das nicht von Met­zen­dorf gestal­tet wurde und daher etwas wie ein Fremd­kör­per wirkt.

Die Geschichte der Familie Krupp

Fried­rich Krupp, gebo­ren 1787, grün­dete 1811 die Firma „Fried­rich Krupp“ mit dem Ziel, Guss­stahl her­zu­stel­len – ein Pro­dukt, das bis dahin aus Eng­land impor­tiert wer­den musste.

Obwohl die Firma wirt­schaft­lich gese­hen kein Erfolg war, hielt sein Sohn Alfred Krupp am gesetz­ten Ziel fest. Mit der Pro­duk­tion von Stahl­tei­len für die auf­kom­mende Eisen­bah­nen erzielte er erste Erfolge. Alfred Krupp war auch der erste Krupp, der in Mili­ti­är­tech­no­lo­gie inves­tierte.

Aufschwung vor dem ersten Weltkrieg

1887 über­nahm sein Sohn Fried­rich Alfred Krupp die Firma. Er grün­dete das Hüt­ten­werk Rhein­hau­sen und ermög­lichte dadurch der Firma die Pro­duk­tion und Wei­ter­ver­ar­bei­tung von Stahl in einer Hand. Durch das auf­kom­mende Wett­rüs­ten und den ers­ten Welt­krieg erfuhr die Firma ein rasan­tes Wachs­tum.

Nach Fried­rich Alfreds Tod erbte seine Toch­ter Ber­tha die Firma, ihr Mann Gus­tav Krupp von Boh­len und Hal­bach über­nahm die Geschäfts­füh­rung.

Durch die Ver­sailler Ver­träge war die Waf­fen­pro­duk­tion in Deutsch­land nach dem ers­ten Welt­krieg ver­bo­ten, die Beleg­schaft schrumpfte erheb­lich. Man kon­zen­triert sich auf neue, zivile Pro­dukte wie z.B. die WIDA-Hart­me­tall­werk­zeuge und den NIROSTA-Stahl.

Die Firma in Zeiten des Nationalsozialismus

Unter den Natio­nal­so­zia­lis­ten arran­gierte sich die Unter­neh­mens­füh­rung mit dem Régime und pro­fi­tierte von der Wie­der­auf­rüs­tung. Die Auf­ar­bei­tung die­ser Zeit dau­ert bis heute an und wird von der Krupp-Stif­tung vor­an­ge­trie­ben.

Nach dem zwei­ten Welt­krieg wurde Alfried Krupp von Boh­len und Hal­bach durch die Alli­ier­ten ver­haf­tet und zu 12 Jah­ren Haft wegen wegen Skla­ven­ar­beit (Ein­satz von Zwangs­ar­bei­tern) und Plün­de­rung von Wirt­schafts­gü­tern im besetz­ten Aus­land ver­ur­teilt. Die Frei­las­sung erfolgte bereits 1953 ver­bun­den mit der Rück­erstat­tung des Ver­mö­gens.

Alfried Krupp von Boh­len und Hal­bach über­nahm im glei­chen Jahr wie­der die Lei­tung des Unter­neh­mens und ernannte Bert­hold Beitz zum Gene­ral­be­voll­mäch­tig­ten des Kon­zerns. Der Kon­zern wurde schnell wie­der zu einem der füh­ren­den Stahl­pro­du­zen­ten

Kurz vor sei­nem Tod über­führte er das Unter­neh­men in die Alfried Krupp von Boh­len und Hal­bach-Stif­tung. Sein Sohn Arndt, der keine Nach­fah­ren hatte, ver­zich­tete auf das Erbe. Damit endete die Fami­li­en­ge­schichte der Krupps.

Die Villa Hügel – Demonstration von Reichtum und Macht

Von 1870 bis 1873 ließ Alfred Krupp die Villa Hügel in einem weit­läu­fi­gen Park ober­halb des Bal­de­ney­sees als Wohn­haus der Fami­lie errich­ten. Im Grund­buch der Stadt Essen soll der Bau mit 399 Räu­men und rund 11.000 Qua­drat­me­tern Nutz­flä­che als Ein­fa­mi­li­en­haus ein­ge­tra­gen sein.

Alfred Krupp hat sich maß­geb­lich bei der Pla­nung des Hau­ses enga­giert und sich häu­fig mit ver­schie­de­nen Archi­tek­ten über­wor­fen. Weni­ger die prunk­volle Aus­stat­tung son­dern die tech­ni­schen Belange lagen ihm am Her­zen. Das von ihm geplante Lüf­tungs- und Hei­zungs­sys­tem funk­tio­nierte nach meh­re­ren Repa­ra­tu­ren aller­dings erst Jahre nach dem Ein­zug der Fami­lie.

Der ursprüng­li­che Bau war ver­gleichs­weise schlicht gehal­ten. Als Mate­ria­lien domi­nier­ten Stein, Stahl und Glas. Erst die nach­fol­gende Gen­ra­tion sorg­ten für den prunk­vol­len und reprä­sen­ta­ti­ven Aus­bau der Villa, wie sie heute noch besich­tigt wer­den kann. Dazu zäh­len Holz­ver­tä­fe­lun­gen, Kunst­samm­lun­gen und flä­mi­sche Wand­tep­pi­che. Die Biblio­thek soll mehr als 30.000 Bücher umfasst haben.

Als Kind auf der Villa Hügel

Im Jahr 1894 ließ Fried­rich Krupp für seine Töch­ter Ber­tha und Bar­bara ein Spiel­haus errich­ten: das Spat­zen­haus. Es ent­hielt eine Küche, Wohn- und Spiel­zim­mer und sollte den Töch­tern spie­le­risch die Haus­halts­füh­rung nahe brin­gen. Eine Holz­laube und ein Spiel­platz ergän­zen das Ensem­ble. Im Gäs­te­buch des Spat­zen­hau­ses sind auch Kai­ser Wil­helm II. und Kai­se­rin Auguste Vik­to­ria als Gäste ver­merkt.

Der Garten über dem Baldeney-See

Alfred Krupp wünschte sich um seine Villa herum eine aus­ge­dehn­ten Wald mit gro­ßen Bäu­men. Da er dies noch zu sei­nen Leb­zei­ten genie­ßen wollte, wur­den zahl­reich bis zu 50 Jahre alte Bäume auf das Grund­stück ver­pflanzt. Über 100 ein­hei­mi­sche und exo­ti­sche Baum­ar­ten sind dort zu fin­den. Von meh­re­ren Aus­sichts­punk­ten aus bie­tet sich ein wei­ter Blick über den Bal­de­ney­see.

Fazit: Eine Zeitreise ins Ruhrgebiet

Die Fahrt nach Essen mit den Füh­run­gen durch die Mar­ga­re­then­höhe und die Villa Hügel demons­trier­ten unter­schied­li­che Lebens­for­men zu Krupps Zei­ten. Wir haben zahl­rei­che Infor­ma­tio­nen über den gro­ßen Stahl- und Rüs­tungs­kon­zern und die Eigen­tü­mer­fa­mi­lie im Wan­del der Zeit erfah­ren kön­nen.

Für mich per­sön­lich war es eine Reise in meine eigene Fami­li­en­ge­schichte: Als Kind des Ruhr­ge­biets aus Rhein­hau­sen, auf­ge­wach­sen in der Nähe des Krupp-Stahl­werks, erin­ner­ten mich viele Ein­drü­cke an meine Groß­vä­ter, die ihr Leben lang als „Krup­pia­ner“ gear­bei­tet haben. Den dra­ma­ti­schen Nie­der­gang und die Schlie­ßung des Stahl­wer­kes in Rhein­hau­sen im Jahre 1993 haben sie glück­li­cher­weise nicht mehr mit­er­lebt.

weitere Informationen

Die Mar­ga­re­then­höhe
Die Villa Hügel
Alfried Krupp von Boh­len und Hal­bach-Stif­tung

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