Urlaub in Zeiten des Klimawandels

von hk
Urlaub in Zeiten des Klimawandels - Strand auf Borkum

Im Mai waren wir erneut auf unse­rer Lieb­lings­in­sel Bor­kum. Da wir dort seit Jah­ren ein­mal im Jahr zu Gast sind, ist es span­nend zu sehen, wie sich die Insel in die­ser Zeit ver­än­dert. Dabei stellt sich die Frage, wel­chen Ein­fluss der Kli­ma­wan­del auf die Inseln und den Urlaub an der Nord­see hat. Eine der offen­sicht­li­chen Ver­än­de­run­gen betrifft die Sand­bank vor dem Nord­strand, auf der zahl­rei­che See­rob­ben beob­ach­tet wer­den kön­nen.

Vor Jah­ren war die Sand­bank vom Nord­strand deut­lich getrennt und bil­dete mit die­sem eine große Bucht. Sie ist rundum vom Meer geschützt und bei Was­ser­sport­lern sehr beliebt. Im Laufe der Zeit ist die Sand­bank immer grö­ßer gewor­den und näher an den Nord­strand her­an­ge­rückt. Bei Ebbe hat man das Gefühl hin­über­lau­fen zu kön­nen, was natür­lich zum Schutz der dort leben­den See­rob­ben streng ver­bo­ten ist. Es wird dann deut­lich, wie flach die Bucht gewor­den ist. Was sind die Gründe?

Sandbank vor Borkum
Robben auf der Sandbank

Bereits seit Jahr­hun­der­ten wan­dern die Ost­frie­si­schen Inseln von West nach Ost. Ursa­che sind die starke Strö­mung und der Wind, die erheb­li­che Sand­men­gen an der West­seite der Inseln abtra­gen und Rich­tung Osten trans­por­tie­ren. Gut zu erken­nen ist dies an der Lage der Orte auf den Inseln. Ursprüng­lich wur­den sie in der Mitte der Inseln errich­tet. Heute lie­gen sie an der West­seite. Die Umver­tei­lung von Sand um die Insel herum hat auch zum Wachs­tum der Sand­bank bei­getra­gen.

Durch die Zunahme von Sturm­flu­ten im Rah­men des Kli­ma­wan­dels hat sich die­ser Umver­tei­lungs­pro­zess deut­lich ver­stärkt. Es kommt zu teil­weise erheb­li­chen Strand­ab­brü­chen. Sie kön­nen sich nega­tiv auf den Tou­ris­mus aus­wir­ken, der die Haupt­ein­nah­me­quelle der Insel dar­stellt. Des­halb ver­su­chen die Inseln mit auf­wän­di­gen Maß­nah­men den Strand zu sichern. Bor­kum und Nor­der­ney haben in den letz­ten Jah­ren und Jahr­zehn­ten erheb­li­che Mit­tel in den Aus­bau der Pro­me­na­den inves­tiert. 2017 konn­ten wir auf Bor­kum beob­ach­ten, wie mit viel Tech­nik Sand zwi­schen den Buh­nen am Süd­strand auf­ge­füllt wurde.

Sandaufspülung vor Borkum
Sandaufspülung vor Borkum

Was wird aus den Milchbuden?

Wie auch im letz­ten Jahr konnte ich für eine Woche den Insta­gram-Kanal der Kur­ver­wal­tung @meinborkum über­neh­men. Inzwi­schen hat der Kanal rund 15.000 Fol­lower und zählt über 2000 Bei­träge. Ein Post hat beson­ders viel Reso­nanz gefun­den und zu inten­si­ven Dis­kus­sio­nen geführt. Ich hatte mit zwei Bil­dern auf die Ver­än­de­run­gen am Nord­strand hin­ge­wie­sen.

Abriss der Milchbuden
Neubau der Milchbuden

Das erste Bild zeigt die Abriß­ar­bei­ten am Fun­da­ment einer alten Milch­bude. Die Fun­da­mente waren durch ver­mehrte Sturm­flu­ten und den Anstieg des Mee­res­spie­gels stark beschä­digt wor­den.

Der Anblick des zwei­ten Fotos lässt erken­nen, dass die Kur­ver­wal­tung den Bau einer neuen Gene­ra­tion von Milch­bu­den ver­spricht. Diese Ankün­di­gung hat offen­sicht­lich hef­tige Dis­kus­sio­nen aus­ge­löst, wie auch in den Kom­men­ta­ren zu die­sem Post deut­lich wird. Viele Besu­cher fürch­ten, dass der char­mante und ursprüng­li­che Cha­rak­ter der alten Milch­bu­den ver­lo­ren geht und schi­cke­ren Strand­lo­ka­len wei­chen muss. Es wird sogar von einer “Syl­ti­sie­rung” der Insel gespro­chen.

Bor­kum wird tat­säch­lich noch als eine kleine, fami­liäre Insel ange­se­hen, was von vie­len Besu­chern (auch von uns) sehr geschätzt wird. Noch im letz­ten Jahr beti­telte der Stern einen Bericht über Bor­kum mit dem Titel: “Bor­kum ist nichts für feine Leute”. Natür­lich gibt es auch kon­tro­verse Stim­men, die der Mei­nung sind, dass sich auf Bor­kum end­lich etwas ändern müsse.

Die Nordsee als neue Adria?

Die Sor­gen, die hin­ter die­ser Dis­kus­sion ste­hen, haben auch etwas mit dem Kli­ma­wan­del zu tun. Bis­her waren die belieb­tes­ten Bade­re­gio­nen der Deut­schen im Som­mer die Mit­tel­meer­län­der. Mit stei­gen­den Tem­pe­ra­tu­ren wird es dort im Som­mer jedoch immer uner­träg­li­cher. Einige Urlau­ber wol­len daher auf das Früh­jahr aus­wei­chen. Aber auch im Früh­jahr müs­sen wir in den süd­li­chen Län­dern mit dem Wech­sel von Hitze und Stark­re­gen rech­nen, wie wir dies in die­sem Früh­jahr bereits erlebt haben. Viele Men­schen suchen des­halb nach Alter­na­ti­ven.

Schon wäh­rend der Corona-Zei­ten hat­ten die deut­schen Küs­ten­re­gio­nen einen erheb­li­chen Ansturm zu ver­kraf­ten. Durch den Kli­ma­wan­del könnte sich dies wei­ter ver­stär­ken. Mög­li­cher­weise haben die Ver­ant­wort­li­chen das im Blick und wol­len sich mit einem Aus­bau der Insel für die Zukunft wapp­nen. Mit dem Slo­gan “Fit für die Zukunft” wirbt die Kur­ver­wal­tung für die geplan­ten Maß­nah­men. Die Insel könnte sich erheb­lich ver­än­dern. Wahr­schein­lich wäre es vor­bei mit der gemüt­li­chen, fami­liä­ren Atmo­sphäre. Auch die Ein­woh­ner sor­gen sich über sol­che Ent­wick­lun­gen. Höhere Mie­ten, lang­fris­tig weni­ger Wohn­raum für Ein­hei­mi­sche, ein dro­hen­der Aus­ver­kauf der Insel: Das sind Phä­no­mene, die auf ande­ren Nord­see­inseln längst Rea­li­tät gewor­den sind.

Was wächst auf der Insel im rauen Klima?

Bei unse­ren zahl­rei­chen Spa­zier­gän­gen habe ich mich natür­lich auch für Pflan­zen auf der Inseln inter­es­siert. Zwar kann man das Klima in Ost­west­fa­len nicht mit dem auf einer Nord­see­insel ver­glei­chen. Immer­hin zäh­len Bor­kum und Hel­go­land zu den ein­zi­gen deut­schen Inseln mit Hoch­see­klima. Gemein­sam ist uns aller­dings der karge, san­dige Boden. Und auch in unse­ren Gär­ten wer­den die Pflan­zen in Zukunft immer hei­ßere Som­mer­pha­sen und käl­tere WIn­ter­tem­pe­ra­tu­ren aus­hal­ten müs­sen.

Strandhafer
Sanddorn

All­ge­gen­wär­tig auf der Insel sind Strand­ha­fer und Sand­dorn. Beide erfül­len wich­tige Funk­tio­nen bei der Sta­bi­li­sie­rung von Strand und Dünen. Sie besit­zen dafür ein weit ver­zweig­tes Wur­zel­werk. Im Herbst rei­fen am San­dorn die klei­nen, oran­gen Früchte. Sand­dorn­pro­dukte sind nicht bil­lig. Sie müs­sen von Hand von den über und über mit Dor­nen besetz­ten Sträu­chern gepflückt wer­den. Diese Pro­dukte gibt es über­all auf der Insel zu kau­fen: als Saft (sehr gesund aber sauer!), Likör, Bon­bons, Sand­dorn­eis (lecker!) …

Ein Ver­such, Sand­dorn im eige­nen Gar­ten anzu­pflan­zen ist lei­der vor 2 Jah­ren geschei­tert. Der Sand­dorn ist zwei­häu­sig. Man benö­tigt also eine männ­li­che und eine weib­li­che Pflanze. Sonst gibt es keine Ernte. Viel­leicht werde ich aber Strand­ha­fer oder Strand­rog­gen bei der Neu­ge­stal­tung eines Beets an unse­rer Ter­rasse pflan­zen. Im eige­nen Gar­ten ist dabei eine Rhi­zom­sperre sicher sinn­voll.

Rosa rugosa - Kartoffelrose
Rosa rugosa alba - Kartoffelrose

Eben­falls unver­wüst­lich und über­all zu sehen ist die Kar­tof­fel­rose, Rosa rugosa und Rosa rugosa alba. Auch sie bil­det, wie ich im eige­nen Gar­ten fest­stel­len konnte, zahl­rei­che Aus­läu­fer. Was auf der Insel in den Dünen erwünscht ist, macht im eige­nen Gar­ten dann gele­gent­lich Arbeit. Die Hage­but­ten, die eben­falls im Herbst rei­fen, sind reich an Vit­amin C und kön­nen zum Bei­spiel zu Mar­me­lade oder Tee ver­ar­bei­tet wer­den.

Weißdorn
Ginster

Wei­tere Kli­ma­hel­den, die auch mit Sand­bo­den gut zurecht kom­men sind Weiß­dorn und Gins­ter. Beide habe ich inzwi­schen auch in mei­nen Gar­ten gepflanzt. Wenn sie im Früh­jahr blü­hen, kommt dann immer ein biss­chen Insel­stim­mung auf.

Holunder
Holunder

Und auch der Holun­der darf hier natür­lich nicht feh­len. Obwohl die Sträu­cher teil­weise von Wind und Stür­men sehr zer­zaust wer­den, über­ste­hen sie das raue Klima. Im letz­ten Jahr habe ich in mei­nem Gar­ten einen Holun­der neu gepflanzt, der in die­sem Früh­jahr explo­diert ist. Er füllt die Stelle, die durch Fäl­lung der letz­ten Fichte in unse­rem Gar­ten ent­stan­den ist. Dem­nächst gibt es dann wie­der lecke­ren Holun­der­blü­ten­si­rup.

Borkum bleibt unsere Lieblingsinsel!

Wir haben unse­ren Auf­ent­halt im Mai auf der Insel wie­der sehr genos­sen. Der Wind hat uns bei unse­ren Wan­de­run­gen kräf­tig durch­ge­pus­tet. Obwohl die Insel schon eini­ger­ma­ßen gut bevöl­kert war (Vor­sai­son), fin­det man nach ein paar hun­dert Metern aus dem Ort her­aus Berei­che, um unge­stört zu Wan­dern und die Land­schaft zu genie­ßen.

Wir kom­men wie­der — im nächs­tem Jahr!

Wolken am Strand
an der Küste

weiter Informationen

Bor­kum — der schönste Sand­hau­fen der Welt

Gene­ral­plan Insel­schutz

Sand­vor­spü­lung

UNESCO-Welt­erbe Wat­ten­meer

Blick über die Salzwiesen

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4 Kommentare

Gabi 17. Juni 2023 - 15:01

Hallo Her­bert,
sehr klasse deine Fotos, aber auch dein Bericht über Bor­kum finde ich sehr inter­es­sant. Wir waren vor 20 Jah­ren mal mit unse­ren Kin­dern dort, hat uns gut gefal­len. Wir sind danach aber meist mehr nach Däne­mark an die Nord­see gefah­ren.
Und ich liebe diese klas­si­sche Bepflan­zung am Strand, beson­ders auch die Rosen aber auch Kie­fern sind für mich die typi­schen Bäume. Wie schön, dass du dir Pflan­zen wie die Rosen oder Strand­ha­fer in den Gar­ten holen möch­test. Das bringt noch mal ein biß­chen mehr Urlaubs­fee­ling.
Viele Grüße
Gabi

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hk 18. Juni 2023 - 16:29

Hallo Gabi,
wenn man seit län­ge­rer Zeit auf die Insel fährt, will man die übli­chen Feri­en­mo­tive nicht mehr foto­gra­fie­ren. Dadurch schaut man genauer auf andere Dinge.
Der Strand in Däne­mark kann natür­lich auch sehr schön sein. Vor Jah­ren haben wir Urlaub an der Jamm­mer­bucht gemacht. Trotz der rie­si­gen Strand­flä­che war es anfangs etwas befremd­lich, mit dem Auto bis auf den Strand zu fah­ren. Mit klei­nen Kin­dern sehr prak­tisch: Wenn alle müde waren, alles ins Auto gepackt und zurück in die Feri­en­woh­nung. Schöne Erin­ne­run­gen!
Viele Grüße
Her­bert

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Hans Schultheis 12. Juni 2023 - 8:38

Lie­ber Herby,
dein Arti­kel über Bor­kum spricht für deine Begeis­te­rung für die Insel. Neben der Erho­lung beob­ach­test du auch die Ent­wick­lung der Insel. Jeden Tag, Stunde, Minute und Sekunde gibt es Ver­än­de­run­gen. Der Mensch draft nach den Grün­den um die Ver­än­de­run­gen even­tu­ell zu beein­flus­sen. Das gelingt nur zu einem gerin­gen Teil. Aber mit wachen Augen alles zu beob­ach­ten ist hoch inter­es­sant. Wei­ter so , ich bin dein Leser. Hans

antworten
hk 18. Juni 2023 - 16:20

Hallo Hans,
Schön, dass Du mei­nen Blog gefun­den hast. Herz­li­che Grüße an die Fami­lie!
Her­bert

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