Greetsiel: Kurzurlaub an der Nordsee

von hk

Für einige Tage eine Auszeit an der Nord­see: dies­mal sollte es Greet­siel sein. Unseren Kurzurlaub haben wir bewusst auf den Herb­st und außer­halb der Schulfe­rien­zeit gelegt. Obwohl diese Zeit nicht ger­ade Haupt­sai­son ist, war der kleine Ort von Touris­ten immer noch gut bevölk­ert. Greet­siel liegt an der Nord­seeküste neben der Ley­bucht, ein­er eingede­icht­en Nord­see­bucht am ost­friesis­chen Wat­ten­meer. Der Ort lebt von der Fis­cherei, ins­beson­dere der Krabben­fis­cherei, und vom Touris­mus.

Krabbenkutter Greetsiel
Hafen Greetsiel

Der Touris­mus ist inzwis­chen die Hauptein­nah­me­quelle der Bewohn­er in Greet­siel. Der Ort ist schön her­aus­geputzt und über­all find­en sich Ange­bote für Touris­ten: zahlre­iche Ferien­woh­nun­gen, Pen­sio­nen, Hotels, Restau­rants, Imbiss­bu­den und Sou­venir­lä­den. Während der Haupt­sai­son dürfte es hier ziem­lich eng wer­den. An manchen Stellen kann man aber den ursprünglichen Charak­ter eines Fis­cher­dor­fes noch erah­nen.

Strasse in Greetsiel
Evangelisch-reformierte Gemeinde Greetsiel

Ein kleiner Ort mit langer Geschichte

Greet­siel wird zu ersten Mal 1388 schriftlich erwäh­nt. Häuptlinge aus dem Geschlecht  Cirk­se­na grün­de­ten den Ort und macht­en ihn in der Folge zum Zen­trum Ost­fries­lands. Die Burg der Crik­se­na existiert nicht mehr. Steine aus der Burg wur­den aber u.a. zum Bau des his­torischen Siel­tors, das sich am Rand des Hafens befind­et, ver­wen­det.

Der kleine Hafen direkt am Ortskern mit seinen Krabben­fis­cher­booten prägt das Orts­bild. Im Hafen sieht man tagsüber die Fis­cher­boote, die mit zwei seitlichen Auslegern und Schlepp­net­zen auf Krabben­fang gehen. Die Nord­seekrabben müsste man kor­rek­ter­weise als Nord­see­gar­ne­len (Cran­gon cran­gon) beze­ich­nen. Sie wer­den direkt nach dem Fang an Bord weit­er ver­ar­beit­et, gekocht und mit Kon­servierungsstof­fen ver­set­zt. An Land wer­den sie dann von Zwis­chen­händlern aufgekauft.

Krabbenpuhlen: Handarbeit ist gefragt

Dann müssen sie von ihrem Chit­in­panz­er befre­it, gepuhlt wer­den. Das ist auch heute noch Han­dar­beit. Wie das geht kann, man sich im Netz in ver­schiede­nen Videos anse­hen. Die Devise lautet drehen, drück­en, ziehen. Das Ganze bedarf aber wohl ein­er gewis­sen Übung. Nur etwa 10 Prozent der Krabben wer­den noch in Deutsch­land gepuhlt. Aus Kosten­grün­den wer­den die meis­ten Krabben per Kühl-LKW oder Flieger nach Marokko gebracht, dort gepuhlt, erneut kon­serviert und zurück­ge­bracht. Derzeit unter­stützt das Land Nieder­sach­sen die Entwick­lung ein­er Mas­chine, die das Puhlen mit Ultra­schall erledi­gen soll. Ob das funk­tion­iert, muss abge­wartet wer­den.

Wirtschaftlich gese­hen geht es den Krabben­fis­ch­ern nicht sehr gut. Aus­fälle durch Coro­na und zulet­zt durch die gestiege­nen Energiekosten machen das Fis­chen kaum noch rentabel.

Krabbenkutter
Krabbenbrötchen
Hafen Greetsiel
Ortsmitte Greetsiel

Entwässerung und Küstenschutz

Wasser­wirtschaft ist seit Langem ein wichtiges The­ma in der Region. Jahrhun­derte­lang waren die Wasser­wege die wichtig­sten Verkehr­swege im Land, über die Waren und Per­so­n­en trans­portiert wur­den. Die Ein­rich­tun­gen zur Wasser­stand­sreg­ulierung haben im wesentlichen zwei Auf­gaben. Sie dienen zur kon­tinuier­lichen Entwässerung des Hin­ter­lands, das teil­weise deut­lich unter dem Meer­esspiegel liegt. Gle­ichzeit­ig wird der Ort und das Hin­ter­land vor dem ein­drin­gen­den Wass­er bei Flut geschützt.

Ursprünglich wur­den hierzu große hölz­erne Siel­tore einge­set­zt, die sich durch den Druck des steigen­den Wass­er bei Flut schließen kon­nten. Bei Ebbe öffneten sie sich wieder und das Wass­er aus dem Bin­nen­land kon­nte abfließen. Das alte Siel­tor in der Stadt­mitte verdeut­licht das Prinzip. Die alten, hölz­er­nen Siel­tore ste­hen am Hafend­e­ich mit eini­gen Infotafeln verse­hen. Diese Anla­gen sind heute nicht mehr im Betrieb. Das neue Greet­siel­er Schöpfw­erk übern­immt seit 1957 diese Auf­gaben und kann mit seinen drei Pumpen bei Bedarf 13.500 Liter pro Sekunde fördern, um den Wasser­stand zu reg­ulieren.

altes Sieltor
altes Siel­tor
Greetsieler Schöpfwerk
Greet­siel­er Schöpfw­erk
Sieltore
alte Siel­tore
Sturmflut-Markierungen
Markierun­gen am Deich

Ein beson­deres Wahrze­ichen Greet­siels sind die Zwill­ingsmühlen. Von der Bauart her han­delt es sich um Hol­län­der­wind­mühlen. Im Gegen­satz zu den Bock­swind­mühlen, bei denen die gesamte Müh­le auf ein­er große Achse drehbar gelagert ist, haben diese einen fes­ten Unter­bau aus Stein und einen eben­falls fest­ste­hen­den Auf­bau aus Stein oder Holz. Lediglich die Kappe, an der die Flügel der Wind­müh­le gelagert sind, ist drehbar. Die Aus­rich­tung der Kappe an die jew­eilige Win­drich­tung erfol­gt automa­tisch durch eine pro­peller­ar­tige Win­drose. In der grü­nen Müh­le befind­et sich ein Cafe: Kanne Ost­friesen­tee mit Stövchen, der Tee stilecht mit Klun­t­jes und Sahne, leck­er­er Kuchen, empfehlenswert.

Windmühlen
rote Windmühle

Vom Pilsumer Leuchtturm zum Leysiel

In der Umge­bung von Greet­siel gibt es zahlre­iche Fahrrad- und Wan­der­wege. Pflicht­pro­gramm ist natür­lich der Pil­sumer Leucht­turm. Er ist ein recht klein­er Turm und nicht mehr in Betrieb. Wer will kann dort heute offiziell heirat­en. Otto und seinen Film “Otto — der Außer­friesis­che” haben den Leuch­turm über­re­gion­al bekan­nt gemacht. Otti­fan­ten zieren den Turm mit seinem “Ringel­söckchenanstrich”. In der Imbißbude am Park­platz nebe­nan hat Otto sich per­sön­lich “kün­st­lerisch” verewigt. Greet­siel und der Leucht­turm waren Drehorte für eine Rei­he ander­er Filme, darunter auch für den Tatort.

Pilsumer Leuchtturm
Ottifant

Vom Leucht­turm aus sind wir mit dem Fahrrad am Ley­hörn, der west­lichen Begren­zung der Ley­bucht ent­lang ger­adelt. Man gelangt dort zum Sper­rw­erk Leysiel mit Schleuse. Das Siel dient zur Wasser­stand­sreg­ulierung und durch die Schleuse müssen alle Boote hin­durch, die vom Greet­siel­er Hafen aus auf die Nord­see wollen.

am Leysiel

Auf der Hal­binsel Ley­hörn befind­et sich ein großer Wasser­rück­hal­te­see. Dieser Bere­ich gehört zum Naturschutzge­bi­et Nation­al­park Wat­ten­meer.

Blick zum Leysiel
Vogelschutzgebiet

Hier leben unzäh­lige Vögel, die man beson­ders gut während ein­er Boots­fahrt vom Hafen zum Leysiel und zurück beobacht­en kann. Dazu gehören u.a. Möwen, Gänse, Schwäne, Kor­morane, Austern­fis­ch­er und Enten. Es lohnt sich, einen Feld­stech­er und das Teleob­jek­tiv für die Kam­era mitzunehmen!

Gänse
Möwe

Greet­siel ist sicher­lich eine Reise wert. Wir wür­den als Reiseter­min auf jeden Fall eine Zeit außer­halb der Haupt­sai­son empfehlen. Dann kann man hier her­vor­ra­gend entschle­u­ni­gen und zur Ruhe kom­men.

Greetsiel: Kurzurlaub an der Nordsee

Weitere Infomationen

Infor­ma­tio­nen zu Greet­siel

Wie puhlt man eigentlich Krabben

Das Schöpfw­erk in Greet­siel

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2 Kommentare

Wolfgang Nießen 21. Oktober 2022 - 7:14

Hal­lo Her­bert,
ein sehr schön­er und auch infor­ma­tiv­er Post, ich kan­nte den Ort bish­er nicht. Die Nord­see ist sehr schön und ganz sich­er einen Besuch Wert, und jet­zt in der Neben­sai­son ist es ja auch ruhiger. Ich per­sön­lich bevorzuge allerd­ings die Berge, wenn ich auch das Watt sehr faszinierend finde.
Energiesor­gen haben wir zur Zeit wohl alle. Die Rech­nun­gen von denen ich in meinem Bekan­ntenkreis höre sind teils schon unglaublich und ich frage mich, wie die bezahlt wer­den sollen. Mein Stro­man­bi­eter hat die Rech­nung auch schon deut­lich erhöht.
Dass die Krabben nach Marokko gebracht wer­den wusste ich nicht. Das scheint mir auch nicht beson­ders ökol­o­gisch zu sein, hof­fentlich klappt das mit dieser Mas­chine.
Ich wün­sche Dir ein schönes Woch­enende.

Viele liebe Grüße
Wolf­gang

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Susanna 18. Oktober 2022 - 11:36

Hal­lo Her­bert,
Das sind wun­der­schöne Bilder aus Greet­siel, die beim Betra­cht­en schon entschle­u­ni­gend wirken. Als Kind war ich mit meinen Eltern mehrmals in den Ferien auf Ame­land. Weil meine Mut­ter Krabben liebte, haben wir dort oft alle gemein­sam um den Tisch gesessen und gepuhlt. Damals gab es die Krabben ver­mut­lich noch ohne Kon­servierungsmit­tel zu kaufen.
Liebe Grüße
Susan­na

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