Die Idee, Wildblumenwiesen im eigenen Garten anzulegen, kam erstmals 2022 auf, nachdem wir uns an der Aktion “mähfreier Mai” beteiligt hatten. Die immer trockener werdenden Sommer machten die Rasenpflege zu einer Sisyphosarbeit ohne Ende. Der Begriff Knusperrasen tauchte in den sozialen Medien immer häufiger auf und kennzeichnet die ausgetrockneten, braunen Rasenflächen. Und interessant zu beobachten war, dass die nicht gemähten Flächen immer noch grün aussahen, während der Rasen rundherum ein jämmerliches Bild zeigte. Wiese satt Rasen war deshalb die Devise, aber wie?
Nun wächst so eine Wildblumenwiese nicht von alleine. Sie braucht zumindest in den ersten Jahren regelmäßige Aufmerksamkeit und Pflege. Immerhin haben wir inzwischen den Rasen auf mehr als die Hälfte der ursprünglichen Fläche reduziert und sparen deutlich Zeit beim Rasenmähen. Gemäht werden lediglich die Flächen zwischen Wiesen, Staudenbeeten und Randbepflanzungen. Dadurch kommt es zu einer interessanten Kombination aus wild wachsender Wiese, blühenden Beeten und begrenzenden Mähflächen, was dem Ganzen eine schöne Struktur verleiht.
Allerdings muss man sich dann endgültig von dem Ziel eines englischen Rasens verabschieden. Die gemähtem Flächen beikrautfrei zu halten, ist kaum noch möglich. Zwischen Rasen und Wiese findet ein reger Austausch statt. Und so besteht unser Rasen inzwischen überwiegend aus einer Mischung von Gräsern, Klee und Schafgabe. Wenn man den Rasen wöchentlich einmal mäht, bleibt die Struktur erhalten. Die gemähten Flächen sind durch die Mischung der Pflanzen wesentlich hitzetoleranter.
Blumenwiesen brauchen einen mageren Boden
Grundsätzlich könnte man natürlich die Fläche, auf der die Wildblumenwiese entstehen soll, vom Bewuchs befreien, mit Sand weiter abmagern und dann Wildblumensamen aufbringen. Wer schon einmal Rasensoden in größerem Umfang aufgenommen hat, weiß, wie arbeitsintensiv sich das gestaltet. Wegen der Größe der anzulegenden Wiesenfläche kam dieses Vorgehen für uns nicht in Frage.
Unser Gartenboden ist sehr sandig und dadurch ohnehin schon abgemagert. In der oberen Schicht befindet sich jedoch durch das Mulchmähen des Rasens einiges an Humus . Zudem wurde der Rasen natürlich regelmäßig gedüngt. Die einfachste Methode der Abmagerung des Bodens ist das Mähen der Wiese und das Entfernen des Schnittgutes. Dadurch werden dem Boden Nährstoffe entzogen. Am Anfang ist es erforderlich, die Wiese zweimal jährlich zu mähen und zwar im Juni und im Herbst. Wenn der Abmagerungsprozess weiter fortschreitet, genügt eine Mahd im Herbst. Nach dem mähfreien Mai wurde der Wiesenbereich bereits dreimal gemäht. Mit einem normalen Rasenmäher kommt man hier nicht mehr durch, da viele Pflanzen kräftige Stängel haben. Ich hab mich für eine elektrische Sense entschieden, mit der die Arbeit nach einiger Übung gut von der Hand geht.
Der Klappertopf unterstützt die Umwandlung
Der Klappertopf ist ein Halbschmarotzer, der keine Nahrung und Wasser selbständig aufnehmen kann. Mit seinen Wurzeln und speziellen Haftorganen setzt er sich auf Rasenwurzeln fest und entzieht diesen die Nahrung. Dadurch trägt er dazu bei, die Gräser zurückzudrängen und das Wachstum von Wildblumen zu fördern. Optimalerweise säht man ihn im Herbst nach der letzten Mahd ein. Im Frühjahr kann man sich an den schönen, gelben Blüten freuen. Im Laufe der Zeit vertrocknen dann die Fruchtkapseln und erzeugen beim Schütteln ein leichtes Klappergeräusch. Dies erklärt die Namensgebung. Wir haben den zottigen Klappertopf (Rhinanthus alectorolophus) über den Samenhandel erhalten. Durch Einsammeln der trockenen Stengel kann man neuen Samen gewinnen und im Herbst wieder aussähen. Andere Klappertopfsorten funktionieren sicherlich genau so gut.
Initialpflanzungen — damit es ein wenig schneller geht
Sobald die Abmagerung fortschreitet, entstehen vermehrt kahle Stellen in der Wiese. Hier macht es Sinn, diese Stellen mit der Harke aufzulockern und Wildblumensamen einzubringen. Das ist bis Ende Juni oder dann wieder ab Herbst möglich, da der Samen initial ausreichend Feuchtigkeit zum Keimen braucht. Verschiedene Mischungen mit ein- und zweijährigen Pflanzen sind im Handel erhältlich. Da noch genügend Gräser in der Fläche vorhanden sind, habe ich dazu gräserfreie Mischungen verwendet.
Zweijährige, vorgezogene Wildblumenpflanzen eigenen sich als Initialpflanzungen. Man entfernt stellenweise den Rasensoden und pflanzt dort die passenden Blumen ein. Im letzten Jahr habe ich die gemeine Wegwarte eingebracht, die in diesem Jahr zum ersten mal blüht und das Gestell meiner Hängematte schon überragt. Die Idee bei diesen Initialpflanzungen ist es, die Versamung zuzulassen, damit diese Blumen sich auf Dauer in der Wiese etablieren können.
Auf diese Art und Weise habe ich Margeriten, Natternkopf und Wiesensalbei angeplanzt und hoffe, dass sie in den folgenden Jahren wieder kommen.
Es wird immer bunter — spontane Neuzugänge
Das Projekt Wiese satt Rasen schreitet langsam voran. Inzwischen haben sich die ersten Wildblumen spontan eingefunden. Die Witwenblume ist aus einem benachbarten Beet eingewandert. Schön sehen auch die Kornrade und das Taubenkropf-Leimkraut aus.
Die Karthäusernelke hat sich an verschiedenen Stellen in unseren Beeten verbreitet und wird dort genauso geduldet wie die pfirschblütige Gockenblume. Auch die Wilde Möhre mit ihren schönen, weißen Doldenblüten hat nicht lange auf sich warten lassen.
Wiese satt Rasen: Zeit und Geduld sind gefragt
Inzwischen kann man an unseren Wiesenbereichen sehen, dass das hier beschriebene Vorgehen funktioniert. Zur Zeit dominieren noch die Gräser, aber es entstehen zunehmend ausgedünnte Stellen. Dort habe Wildblumen die Chance, sich einzufinden und zu vermehren. Wichtig ist weiterhin das Mähen und Abtragen des Mahdgutes. Auch zu dominant wachsende Wildpflanzen müssen von Zeit zu Zeit entfernt werden. Mit der weiteren Abmagerung der Fläche werden die Gräser zugunsten der Wildblumen zurückgedrängt und die Artvielfalt kann zunehmen. Studien zeigen, das dadurch auch vermehrt Insekten in diesen Bereichen zu finden sind. Wiese statt Rasen: Sicherlich ein vielfacher Hinsicht ein sinnvolles Projekt!
weitere Informationen:
Wildblumenbeet im naturnahen Garten
Wildblumenwiese — Blog von Mareike Feders
Blumenwiese statt Rasen — Landwirtschaftskammer Niedersachsen